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GeEhrtester Freund,

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Ist die gestrige Abendluft Ihnen gut bekommen? Ich hoffe eine mündliche

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Antwort darauf heute zu hören; da mir des HE. Generalen
Excellence

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aufgetragen haben Sie hieher zu bitten, weil er was nöthiges zu sprechen hätte.

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Ich sagte zwar, daß ich Sie heute vermuthete; er erinnerte mich aber Sie in

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Ansehung seines eigenen Verlangens noch einmal begrüßen zu laßen.

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Meine Gedanken
Beaumelle,
Mes pensées
Meine Gedanken
dienen zu nichts als der Seltenheit wegen beygelegt zu

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werden. Der Uebersetzer gehört unter die unwissendensten v.

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unverschämtesten Schriftsteller, die sich jemals haben einfallen laßen der Vernunfft zum

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Trotz ihre
Crudi
täten bekannt zu machen. Sie werden es daher bloß in

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dieser Absicht aufheben v es sich nicht leyd thun laßen, daß ich es ein wenig

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beschmiert habe. Es wird Ihnen nicht viel daran gelegen seyn die

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Verbesserungen
des Tex
zu lesen. Es sind noch viele grobe übrig geblieben v. d
as
ie

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ganze
Buch
Uebersetzung ist ein Stall Augias. Ich werde mir einiger Dinge

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wegen den Zedel wieder ausbitten, der beyliegt. Lesen Sie wenigstens auf

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de
s
r letzten Seite v suchen Sie meine Bitte in Ansehung des
Rienzi
durch

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Dero GeEhrtesten Papa historische
Bibliothec
oder mündl. Nachricht zu stillen.

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Ich erwarte Sie also v bin nach Anwünschung einer geseegneten Mahlzeit

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v meinem ergebensten Empfehl an dero GeEhrteste Eltern von mir v. meinen

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jungen HErrn mit aller Hochachtung Ew. HochwohlEhrwürden

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Hamann.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 30.

ZH merkt zu den Briefen 85–102 an: Die Briefe, meist kleine Zettel, stammen aus den Jahren 1754–56; einige ließen sich wohl genauer datieren und in die bisherigen einreihen, es erscheint jedoch angemessener, sie geschlossen zu bringen. Es sind meist kurze Nachrichten an Ruprecht, den jungen Pastor in Grünhof, Hamanns Nachbar.

Bisherige Drucke

Walther Ziesemer: Unbekannte Hamannbriefe. In: Altpreußische Forschungen 18 (1941), 289.

ZH I 222, Nr. 102.