252
220/13
Königsberg den
26
Jul.
63.

14
Herzlich geliebtester Freund,

15
Däntler
N.N. Däntler
Herr Däntler ist heute
abgereiset
. Gott begleite ihn und bringe ihn auch

16
bald nach Riga, wohin ich ihm eine kleine
Commission
aufgegeben. Sie

17
werden ihn ohne Zweifel auf eine Nacht gern in Ihrem Hause und HE Hinz in

18
seiner Stube beherbergen im Fall der Noth. Ich freue mich jetzt allein zu seyn

19
und da ich alle Tage ausgehen muß, ist mir keine häusl. Gesellschaft so nöthig

20
als ehmals. Noch geht es gut auf der Canzelley; ich bin aber willens mich

21
diese Woche bey der Cammer zu melden mit einer
Supplique
die diese Woche

22
fertig seyn soll wills Gott! an die ich mich aber fürchte zu denken.

23
Ich freue mich daß HE Kanter nach Petersb. gegangen. Meine Rechnung

24
fl.
Gulden, Goldmünze, hier aber vmtl. 1 polnischer Gulden, eine Silbermünze, entsprach 30 Groschen.
habe bey ihm bezahlt und noch 50 fl. Bücher baar genommen. Jetzt werde ich

25
eine Zeit lang fasten müßen und arbeiten um etwas zu verdienen. Meine

26
eigene Wirtschaft fängt sich jetzt an. Miethe und Kost habe ich frey bey meinem

27
Vater und 100 fl. jährl.
Interessen
mir
reservi
rt. Wie ich damit auskommen

28
und wie ich mich künftig einrichten werde, dafür wird Gott sorgen, der treue

29
Schöpfer in guten Werken.

30
Wegen Fontenellens Leben muß ich Ihnen jetzt eine andere Nachricht geben.

31
Es wird ohne seine
oeuvres
in 10 Theilen nicht
à part
verkauft, die ich jetzt

32
lese und die 2 ersten Theile durch habe, worinn die
Dialogues, lettres galantes,

33
les Mondes
und
Histoire des Oracles
enthalten sind.

34
Moldenhawer u Eschenbachs Samlung der Idealisten, die Fortsetzung des

35
Catalogi
Meßkatalog; vgl.
HKB 251 ( II 218/35 )
Catalogi
und
treuherziges Schreiben eines Leyenbruders im Reich an den

36
Magum in Norden oder doch in Europa
erhalten Sie durch HE Däntler.

37
Moser
Hamann scheint vom Plan Mosers, ihm die Stelle eines Erziehers des Erbprinzen von Hessen-Darmstadt anzubieten, bereits zu wissen, obwohl Mosers Brief erst auf den 26. August 1763 datiert ist; vgl.
HKB 254 ( II 227/10 )
Der Layenbruder im Reich ist der Herr von Moser, der willens ist, so bald

S. 221
er Minister ist, mich mit einem recht ansehnl. Gehalt zum Lehrer der langen

2
Weile zu bestallen und ein seltenes Beyspiel an mir statuirt. Da ich diese

3
2 Bogen gestern erhielt und eben HE Hartknoch nach Frkf. am Mayn etwas

4
besorgen muste, nahm ich der Gelegenheit wahr, selbst an diesen grosmüthigen

5
Autor zu schreiben. Weil ich in der Unruhe mich verschreiben muste, so hab

6
ich die Abschrift behalten, die ich Ihnen mittheilen will, weil ich ohne meine

7
Schuld einen treuherzigen Ton darinn ausgedrückt habe, den ich bey mehrerer

8
Muße und Kunst nicht erreicht haben würde. Hier ist
Copia:


9
Hochwolgeborner Herr …
vgl. zum Entwurf
HKB 251 ( II 497/31 )
, außerdem die Anmerkungen zur Überlieferung von HKB 251
Hochwolgeborner Herr        
den 25 Jul.

10
HöchstzuEhrender Herr – –

11
Gönner und Freund!

12
Gestern als am achten Sonntag nach
Trinitatis
wurde mir aus hiesiger

13
Kanterschen
Fortsetzung ihres Katalogs
Hier ist wohl eine interne Fortsetzung des Katalogs der Ostermesse vonseiten der
Kanterschen Buchhandlung
gemeint; später im
Messkatalog für Michaelis 1763
, S. 402 ist der Titel dann auch offiziell verzeichnet.
Kanterschen Buchhandlung die Fortsetzung ihres Katalogs von der letzten

14
Meße zugeschickt. Weil meines Vaters ganze Haushaltung in die Vesper

15
gegangen war, so war ich schuldig das Haus zu hüten. Unterdeßen fällt mir der

16
Schreiben
Moser,
Treuherziges Schreiben eines Layenbruders
, hier der Einzeldruck von 1762
gedachte
Catalogus
in die Hände und indem ich lese, finde ich:
Schreiben,

17
treuherziges, eines Layenbruders im Reich
pp. Der Titel schoß mir ich weiß

18
nicht warum? aufs Herz, daß ich bald alles im Stich gelaßen hätte um meine

19
Neugierde zu löschen. So bald ich mich wieder besann, schämte ich mich meines

20
Ungestüms, lachte ein wenig darüber und kasteyte
mich gegen
Abend, da mir

21
ein neuer
Paro
xysmus anwandelte, daß ich einen guten Freund beynahe zwang

22
für mich in den Buchladen zu laufen ohne jemanden daselbst anzutreffen, weil

23
es Sonntag war. Heute frühe gehe ich zur Kirche ins Montaggebet, muß den

24
Buchladen vorbey und kann der Versuchung nicht wiederstehen das

25
treuherzige Schreiben
mit in die Kirche zu nehmen. Einige Blicke die ich darauf

26
geworfen hatte, machten mich so unruhig, daß ich nach verrichtetem Gottesdienst

27
Freund
N.N. Däntler
gleich zu meinem Freund eilte, (der nächst der Kirche wohnt, mein Frühstück

28
immer fertig hält, der aber morgen Gott Lob! nach Kurland heimgehen wird,)

29
um mich zu
guter letzt
bey ihm satt zu lesen und satt zu trinken.

30
Ew. Hochwolgeboren ersehen aus dieser langweiligen Erzählung daß ich

31
Widersacher […] Splitterrichters
Hamann selbst mit seiner Kritik an
Moser,
Der Herr und der Diener
in
Hamann,
Wortfügung
.
heute erst Dero treuherziges Schreiben an den
Widersacher
gesehen und gelesen

32
habe und durch Dero grosmüthige Antwort auf den Unfug dieses

33
Splitterrichters wie aufs Haupt geschlagen bin. Ich habe unmögl. unterlaßen können

34
Ihnen wenigstens Nachricht von Dero erhaltnen
Siege
zu ertheilen da durch

35
Verleger
wohl Knoch und Esslinger. Verlag in Frankfurt am Main ab 1742 unter Leitung von Johann Adolf Knoch und Johann Georg Esslinger. Der Königsberger Verleger
Johann Friedrich Hartknoch
reiste wohl nach Frankfurt.
einen glückl. Zufall an Dero HE Verleger heute noch
ein Päckchen
von dem

36
meinigen abgefertigt werden soll. Es fehlt mir schlechterdings an Zeit mich

S. 222
ganz
zu erklären; allso will ich halbe Erörterungen unterdrücken. Ich arbeite jetzt

2
seit 3 Wochen auf der Kanzelley des hiesigen Magistrats
um mich zu

3
Geschäften ein wenig vorzubereiten und bin nach abgelegter Probe gegenwärtig im

4
Kgl. Kriegs und Domainen Kammer
Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg
Begriff mich der Kgl. Kriegs und Domainen Kammer
aufzudringen
um alle

5
Autorgrillen mir gänzl. aus dem Sinne zu schlagen und
meinen Kunstrichtern

6
künftig den Mund stopfen zu können. Hiernächst liegt mir die
Abreise
meines

7
letzten Freundes im Gemüth, der morgen abgehen will und mir treue Dienste

8
seit seines hiesigen Aufenthalts erwiesen hat – Ein junger Mensch, der mir zu

9
Gefallen ein wenig Engl. und Italienisch mit- und mir alle saure Gänge oder

10
verdrüsliche Handarbeit abgenommen hat.

11
So viel ich den Philologen kenne, dürfte ihn wol nichts so sehr als das edle

12
Beyspiel seines
ältern
Bruders am Ufer des Mayns aufmuntern an seine

13
Palinodie
einmal zu denken und aus selbiger vielleicht seinen

14
Schwanengesang zu machen. Sein Wahlspruch ist immer gewesen:

15
Was ich geschrieben …
Verse wohl von Hamann selbst
Was ich geschrieben hab, das decke zu,

16
Was ich noch schreiben soll regiere Du!

17
Der Gott
Daniels
sey Ihr Schild und sehr großer Lohn! Ich habe die Ehre

18
mit aufrichtiger Ehrerbietung zu seyn Ew Hochwolgeboren ergebenster Diener

19
Johann George Hamann
homme de lettres.


20
Ich habe einen großen Qvartanten des
Mr. Bury
gelesen über die Geschichte

21
Caracteres des Medecins
Limbourg,
Caractères des médecins
Philipps in 3 v Alexanders in 5 Büchern.
Caracteres des Medecins
ist ein

22
Ouvrage de Penelope
Lamettrie,
Ouvrage de Pénélope
L’Europe literaire
L’Europe littéraire, ouvrage périodique
. Januar bis Juni 1762. Amsterdam
artiger Auszug aus
Mettries Ouvrage de Penelope. L’Europe literaire
ein

23
Journal
von
Januar.
62. biß
Junius
wo es sich schliest v die Fortsetzung unter

24
Journal Britannique
Journal Britannique
, 24 Bde., Den Haag 1750–1757, kann nicht gemeint sein. Vll. ein Lesefehler. Plausibel ist, dass als Fortsetzung die
Gazette littéraire de l’Europe
gemeint ist, die ab 1764 erschien.
der Aufschrift:
Journal Britannique
versprochen wird. Es fängt sich in

25
Briefen an und mit viel Verachtung gegen Deutsche geschrieben. Ich habe darinn

26
gefunden daß der bekannte
Hurd
einen Theil von
Letters on Chevalry and

27
Romance
geschrieben. Ein großer Verehrer v Kenner der Italiener, der ihre

28
Ritterideen der Mythologie vorzieht. So verächtl. der Autor beurtheilt wird,

29
Journal etranger
Journal Étranger, ouvrage periodique
. 45 Bde., Paris 1754–1762
so wünschte ich selbige zu haben oder lesen zu können. Das
Journal etranger

30
avec l’année literaire
von 62 hat mir desto mehr Vergnügen gemacht und dies

31
Arnauld
François Arnaud (1721–1784), frz. Publizist, ab 1760 Herausgeber des Journal Étranger
ist das nützlichste v beste Werk, das ich in dieser Art kenne. Der Abt
Arnauld

32
hat jetzt die Aufsicht darüber. Ich habe darinn gefunden, daß
Weise
die

33
Amazonenlieder
Weiße,
Amazonenlieder
Amazonenlieder geschrieben. Ich habe unter andern darinn eine
Recension
des

34
Alemberts gefunden, die mir den Character dieses Mannes sehr verdächtig

35
macht und mit meinen Empfindungen zieml. übereintrift. Ich glaube, er wird

36
Präsident
Jean-Baptiste-le-Rond d’Alembert
nahm das Angebot von
Friedrich II. v. Preußen
, Präsident der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften zu werden, nicht an.
Präsident der
verwaiseten
Akademie werden pp.

S. 223
Dukaten
Seit 1586 war der holländische Dukat eine nach festem Fuß geprägte Goldmünze, nicht als regionales Zahlungsmittel gebräuchlich, sondern als Kurantmünze dafür tauschbar; eine der wichtigsten Handelsmünzen des 17. und 18. Jhs; es gab aber auch Dukaten russischer Prägung, Speziesdukaten, von denen wiederum eine best. Sorte ebenfalls „holländisch“ genannt wurde.
Lauson ersucht um den
Ducat
en durch HE Kanters Hand. – Kant arbeitet

2
Preisschrift
Für die Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin;
Kant,
Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral
an seiner Preisschrift –, und ich habe dafür gesorgt den Abdruck der gantzen

3
Samlung aus der ersten Hand wo mögl. zu bekommen. Gestern war meiner

4
Hamadryade
Die Hamadryaden sind Baumnymphen des griechischen Altertums, Seelen des Baumes. Gemeint ist
Anna Regina Schumacher
.
Jakobs Zeichen
Das Fest des Apostels ist am 25. Juli.
quod felix …
dt. was gut, glücklich und gesegnet sei! (
Cic.
div.
, 1,45,102)
Hamadryade Geburtstag am Jakobs Zeichen
quod felix faustumque sit!
und

5
Namenstag
Anspielung auf den Vornamen Anna.
heute ihr Namenstag, hinten und vorn gleich, in der Mitte doppelt.

6
Ye-King
Das Yijing („Buch der Wandlungen“) ist eine klassisch-chinesische Sammlung von Strichzeichen und diesen zugeordneten Sprüchen (die heute vorliegende Redaktion wurde im siebten Jahrhundert n. Chr. erstellt).
In meinen Einfällen – unter andern – dachte ich auch an den
Ye-King,

7
Schumacher
Schumacher,
Die verborgenen Alterthümer der Chineser aus dem uralten canonischen Buche Yeking untersuchet
; vmtl. auch eine Anspielung auf den Nachnamen von Anna Regina Schumacher.
und von diesem
canon
ischen Buche der Chineser hat Schumacher eine

8
beatae imaginatiuae
Phantasiegebilde, hier im Sinne eines phantasievollen Schriftstellers
Abhandl. herausgegeben, die zu den übrigen von diesem Schriftsteller
in Ihre Bibliothek gehört nebst einer andern von dem

10
Ursprung der Deutschen, die noch schlechter ist als der Chineser ihre. Von Rechts

11
Wegen.

12
Der stärkste Zuwachs mr. Bibliothek besteht in der prächtigen Auflage der

13
Spanheimischen Ausgabe des
Callimachus
die vom
Ernesti
besorgt worden.

14
Sie wird jetzt gebunden als eine neue Zierde meines poetischen Faches, das aus

15
der halben Welt Zungen besteht.

16
Gold Arabia
Anspielung auf
2 Chr 9,14
Weg mit dem Gold Arabia! – aber mein Griechisches geht mich näher, daß

17
selbiges so lange auf dem Nagel hängt. Wiewohl ich hoffe noch wieder im

18
Gleise zu kommen mit Gottes gnädiger Hülfe.

19
In Ansehung unsers Briefwechsels, Geliebtester Freund, finde auch für

20
nöthig selbigen einzuschränken. Ich werde jetzt nicht eher schreiben, biß eine

21
wesentliche Ursache
mich dazu
nöthigen
wird; unsere gelehrte Kleinigkeiten

22
lohnen die Zeit und das Postgeld nicht. Sie werden so gütig seyn sich an eben

23
diese Bedingung zu halten und sich darnach zu richten. Kann ich Ihnen hier

24
inn
womit dienen und finden Sie
keinen als mich tüchtig
dazu; von Grund

25
der Seelen gerne und ich werde mit gleicher Freymüthigkeit in jedem Nothfall

26
gleichfalls an Sie
appelli
ren.

27
Haben Sie eine Nachricht, von der Sie vermuthen können, daß mir daran

28
gelegen wäre oder mir sonst etwas mitzutheilen: so werden mir dergl.

29
Ausnahmen allemal angenehm seyn. Und ich hoffe daß wir beyde durch diesen

30
freundschaftl. Vergleich gewinnen werden. Ich werde jetzt alles anwenden

31
müßen um nichts zu versäumen und werde zu keiner rechten Gemüthsruhe

32
kommen, biß ich auf eine gewiße Art versorgt seyn werde. Meinen Beruff und

33
alle Hülfsmittel dazu werde nichts vergeben; aber auch meine Muße möchte

34
Sapienti sat
lat. sprichw. für: für den Verständigen genug
nicht gern verschleudern.
Sapienti sat.

35
Zu einer neuen Lage gehört eine neue Denkungsart, neue Verbindungen,

36
neue Angelegenheiten – Alles Neu. Gott wird helfen Amen.

37
liebe Hälfte
Marianne Lindner
Mein alter Vater grüst Sie herzl. und Ihre liebe Hälfte umarme

S. 224
gleichfalls. Behalten Sie mich in treuem Andenken unverrückt. Leben Sie wohl und

2
lieben Sie Ihren alten redlichen Freund
Hamann.


3
Zu Commerells Wochenpredigten kann noch nicht anräthig seyn, so viel ich

4
bisher daraus vorgelesen. Zu uns. häusl. Andacht reichen sie hin; aber dem

5
Jesajas
nicht ermittelt
Jesaias kommen sie nicht bey.

6
Morgen früh soll ich zum HE Kammer
Dir. v Wegnern
hinkommen und

7
Hand
Anstellungsgesuch, dient zugleich als Schriftprobe
meine Hand mitbringen. Ich habe eben jetzt einen Entwurf zur
Supplique

8
gemacht, die ich zur Probe bringen will um selbige auf den 1
Aug.
einzugeben.

9
Abermal eine
Copia,
mit de
nen
r ich aber freundschaftl. das heist vorsichtig

10
umzugehen bitte.


11
Allerd. Großm. König, Allergnäd. Herr.

12
Ew Königl. Majestät vergeben es huldreichst dem Geringsten Ihrer

13
Unterthanen, der sich heute erkühnt die Bedürfniße seiner niedrigen aber ehrlichen

14
Dunkelheit ans Licht vor Ew. Königl. Maj. Antlitz zu stellen.

15
Ich beschließe Gott Lob! mit diesem Augustmonath das 33ste Jahr meines

16
Alters und habe nach einer ziemlich willkührl. Abwartung des akademischen

17
Hofmeistern in Liefl. und Kurl.
1752–56
Laufes mir meine übrige Zeit mit Hofmeistern in Liefl. und Kurl. hierauf mit

18
Reise nach Engelland
1757/58
einer Reise nach Engelland unter dem Mantel fremder Angelegenheiten

19
vertrieben und endl. die letzten fünf Jahre in meines Vaters Hause theils zur

20
Aufmunterung seiner grauen Schläfe theils zu einer gelehrten Muße nach

21
Herzens
lust
wunsch angewandt. Da eine unvermögende Zunge und Sprache,

22
eine eben so empfindliche Gemüthsart als Leibesbeschaffenheit mich zwar zu

23
den meisten öffentlichen Bedienungen untüchtig machen; ich aber gleichwol

24
Gefahr laufen muß mein kleines Pfund mit den Musen zu verschlingen, und

25
dann wie der verlorne Sohn im Hunger zu verderben: so bleibt die

26
landesväterliche Weisheit und Vorsorge Ew. Kgl. Majestät für die Erhaltung und

27
den Gebrauch eines unnützen Knechts sein erster und letzter Trost.

28
Weil ich bloß für die lange Weile und zu meiner eigenen Demüthigung

29
studiert habe: so will ich gern allen Ämtern entsagen, zu denen die
Quali
tät

30
eines
Litterati
sonst erfordert wird und kann mich weder auf
andere
irgend

31
einige Verdienste beruffen noch auf andere Bedingungen einlaßen, als daß ich

32
leserlich schreiben und zur Noth rechnen kann.

33
Um gleichwol zu Geschäften mich einigermaßen vorzubereiten, habe ich seit

34
einigen Wochen bey der Kanzelley E. hiesigen Magistrats mich zur Arbeit zu

35
gewöhnen den Anfang gemacht, und bin durch diesen Versuch erweckt worden

36
Ew. Kgl. Maj. um die gnädige Erlaubnis gegenwärtig anzuflehen bey Dero

S. 225
Kriegs- und Domainen-Cammer
Kriegs- und Domänenkammer in Königsberg
hochverordneten Kriegs und Domainen Cammer gleichfalls eine Probe meiner

2
freywilligen Dienste ablegen zu dürfen in unterthäniger Hoffnung
mit der

3
Licent
Zollamt
Invalide des Apolls
vgl.
HKB 152 ( I 368/13 )
Zeit
als ein
Invali
de des Apolls mit einer Zöllnerstelle beym
Licent
oder bey

4
Accise
Steuerverwaltung
der
Accise
zu seiner Zeit begnadigt zu werden.

5
der dem Vieh sein Futter giebt
Ps 147,9
Gott, der dem Vieh sein Futter giebt
und
den jungen Raben, die ihn

6
Gefallen hat …
Ps 147,11
anruffen und Gefallen hat an denen, die auf seine Güte hoffen, wolle mich mit

7
dem redlichen Eyfer und dem klugen Gehorsam ausrüsten, womit auch die

8
kleinsten Befehle Ew. Königl. Maj. verdienen nachgelebt zu werden von allen

9
treuen Unterthanen und Bedienten des glorwürdigsten Monarchen, zu denen

10
sich als den kleinsten bekennt und auf dies Bekenntnis erstirbt Ew Kgl Maj.

11
Allerunth. Knecht.

12
Den 1 Aug. 63.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (98).

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, III 204 f.

ZH II 220–225, Nr. 252.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
220/15
abgereiset
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
abgereist
221/9
den 25 Jul.
]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: Königsberg den 25 Jul. 63
221/20
mich gegen
]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: mich bis gegen
221/31
Widersacher
]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: Widersächer
221/35
ein Päckchen
]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: ein
Paquet
222/1
–2
ganz […] Magistrats]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers:
statt 222,1/2 lautet es:
gegen Ew. Hochwolgebornen
ganz
erklären zu können; also will ich halbe Erörterungen unterdrüken. Seit 3. Wochen habe den Anfang gemacht, auf dero Kanzelley des hiesigen Magistrats zu arbeiten,
222/4
aufzudringen
]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: aufzudingen
222/5
meinen […] Kunstrichtern]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers: Kunstrichtern
222/6
Abreise
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
Reise
222/12
ältern
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
älteren
222/13
Palinodie […] seinen]
Korrekturvorschlag ZH 1. Aufl. (1957), nach Abschrift Mosers:
Palinodie
zu denken und aus selbiger seinen
223/21
mich dazu
]
Geändert nach Druckbogen 1940; ZH:
mich dazu