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Königsberg den 16 Jänner 65.

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Herzlich geliebtester Freund,

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Jetzt eben zu Mittag sind Ihre Sachen angekommen und Gottlob soviel

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ich sehen kann nach Wunsch. Angst v Verdruß habe gnug gehabt, weil

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unterwegs
und
hier
alles hat geöfnet werden müßen. Um der Einlage wegen ruhig

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zu seyn, haben wir selbige sogleich eröfnet, und ich habe viel Mühe gehabt

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das eine zu finden, bis ich es in der Verwirrung endlich fand, und alles so

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Kastens
mit seinen in Riga verbliebenen Büchern
weit richtig ist. Die eine Seite des Kastens ist sehr naß geworden und das

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Waßer von unten bis auf die Hälfte durchgedrungen und daher eine

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Eröfnung deßelben ohnedem unentbehrl. gewesen. In Ansehung der richtigen

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Zahl hoffe daß nichts daran fehlen wird. Wir können jetzt beyde Gottlob!

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ruhig seyn, und ich habe für Angst und Verdruß gezittert und gebebt, bin

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aber jetzo desto vergnügter.

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Rogallschen Hauses
Haus von Barbara Regina Rogall
Wegen des Rogallschen Hauses fällt aber mein Gesuch schlecht aus. Der

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neue Besitzer ist jetzt im Begrif einzuziehen; aber will von keinem
Professor

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was wißen, der
Collegia
liest und noch weniger der selbst Stuben vermiethen

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will. Ich habe mich wegen des letzteren
Punct
s noch gar nicht erklären

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dürfen, und da man den ersten Articul nicht einmal eingehen will: so ist die

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Sache vorbey. Ich wünschte also, wenn Sie mit Ihrer alten Wohnung

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wieder einig werden könnten, und bin gegenwärtig nicht im stande Liebster

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Freund! Ihnen zu dienen.

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Flußfieber
„Febris catarrhalis, ein nachlaßendes Fieber, welches sich mit Flüssen auf der Brust vereinigt. Man macht einen Unterschied unter ein gutartigen [Catarrh] und bösartigem Flußfieber.“, vgl.
Krünitz
, Tl. 14, S. 420
Ich habe seit dem Neuen Jahr an einem Flußfieber etwas ausgehalten,

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purgi
ren und Aderlaßen müßen; daher die letzte Einlage an HE
D.
durch

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unsern Gesellen bestellen laßen, weil noch nicht ausgehen kann, und erst auf

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die Woche frische Luft zu schöpfen gedenke.

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Wegen der guten Bewachung Ihrer Sachen können Sie jetzt ruhig seyn;

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Pichlauschen Hinterhauses
Lucas Pichlau, Bürger für den polnischen Handel im Kneiphof in Königsberg
sorgen Sie aber mit erster Post wegen des
Pichlau
schen Hinterhauses oder

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einer andern Gelegenheit. Meine Absicht ist fehl geschlagen und ich weiß

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jetzt keinen Rath. Sollte ich von einer Wohnung wieder Vermuthen

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etwas erfahren, so werde mich melden. Treiben Sie jetzt die Sache mit

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Ernst.

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Den 4″ ist HE Hartknoch angekommen, hat mich einige mal besucht, und

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ist den 12″ wieder abgereiset. Der Bediente des HE Bruders war eben da,

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an den er gleichfalls wegen der mitgebrachten Leuchter Nachricht geben ließ.

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Ich erwarte weil nicht selbst ausgehen kann, alle Tage des HE
D.
Besuch,

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aber bisher umsonst.

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Den 7″ brachte mir HE
Fischer
eine Einlage von HE Herder, die schon

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zieml. alt geworden war, weil sich der Brief am schwartzen Bret aus Mangel

13
de
s
r
addresse
umtreiben müßen. Entschuldigen Sie mich daß ich noch nicht

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antworten können. Ich werde es bey erster Stunde thun und grüßen Sie

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Ihn herzlich von mir. Ich freue mich über sn glückl. Anfang.

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Vorige Woche erhielt einen Brief aus Strasburg von einem meiner

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Reisegefährten der am längsten mit mir ausgehalten. Ein junger französischer

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Pasquoy
nicht ermittelt
Kaufmann Namens
Pasquoy.
Er meldete mir nichts als se. Ankunft v bittet

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gl.
Groschen (Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch)
sich Nachrichten von mir aus. Ich habe 46 gl.
Porto
bezahlt und schon den

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Anfang gemacht ihm zu antworten.

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Vorrede des D. Semlers zu Baumgarten 3ten Theil
Johann Salomo Semler
, in
Baumgarten,
Evangelische Glaubenslehre
Die Vorrede des
D. Semlers
zu
Baumgar
ten 3ten Theil habe gelesen und

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der
Diaconus
in Preußen ist gar nicht geschont. Das Buch selbst habe über

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einige Bogen nicht aushalten können so sehr ich mir auch von einer

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Untersuchung theol. Streitigkeiten von Baumgartens Feder Zufriedenheit

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versprach.

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neue Uebersetzung
Damm,
Das Neue Testament
Von
Damm
habe jetzt se. neue Uebersetzung der Offenbarung, des Briefs

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an die Ebräer und des
Marcus
angesehen. –

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Thrl
Taler, meist ist der 24 Silbergroschen entsprechende Reichstaler, eine im ganzen dt-sprachigen Raum übliche Silbermünze, gemeint (Groschen: Silbermünze [ca. 24. Teil eines Talers] oder Kupfermünze [ca. 90. Teil eines Talers]; in Königsberg war der Kupfergroschen üblich; für 8 Groschen gab es ca. zwei Pfund Schweinefleisch).
Der Layenbruder hat seine 6 Thrl Fracht für den FuhrMann empfangen,

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weil letzterer nicht selbst herkommen könnte. Für das Herbringen hat mein

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Alter 20 gl. bezahlen müßen. Das übrige bleibt zum
Reservo.
Wegen

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SchulCollegen
die Schulden von
Johann Christoph Hamann (Bruder)
des Schul
Collegen
werde erinnern helfen, und ich habe meinem Vater

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auch schon davon gesagt. Ersterer hat gestern sn Geburtstag gefeyert
de

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ao:
1734.

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Gedicht
Ode am Geburtstag des Königs
von
Theodor Gottlieb Hippel
, erschienen in
Königsbergsche Gelehrte und Politische Zeitungen
, 7. St. vom 25.1.1765
HE.
Hippel
hat ein Gedicht auf den Geburtstag für die Zeitungen

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Crönungsarbeit
Johann Gotthelf Lindner
,
Denkmal auf die Allerhuldreichste Gegenwart Catharina II. zu Riga bey der Feyer des Krönungsfestes in einer Schulhandlung den 23. September 1764 errichtet
gemacht. Ihre Crönungsarbeit hat mir HE Bruder mitgetheilt. Einige

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Kleinigkeiten hatten wir beyde zu kritisiren, konnten aber leider! nichts

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verbeßern.

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Mein alter Vater empfiehlt sich Ihnen bestens und wird für alles mit

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Sorge tragen helfen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr treuergebenster

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Freund.

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In gröster Eil. Kommen Sie bald.
H.


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Adresse mit rotem Lacksiegelrest (zwischen zwei Palmenzweigen zwei in

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entgegengesetzter Richtung übereinander schwimmende Fische über einem Netz,

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über den Fischen zwei Sterne, darüber
F I S
):

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à Monsieur / Monsieur Lindner / Maitre de la Philosophie, Profes- / seur

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Ordinaire de la Poesie, Sena- / teur de l’Academie de Koenigsberg / et

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Regent du College Cathedral de et / à /
Riga
/ fr.
Mummel
.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 2 (119).

Bisherige Drucke

ZH II 291–293, Nr. 284.