545
50/31
Kgsberg den 21
Febr. Dom. Inuocauit
79.

32
Herzlich geliebtester Gevatter, Landsmann und Freund,

33
So war es nicht gemeynt – Keins von meinen Kindern hat einen

34
Pathenpfenning aufzuweisen und ich habe meiner hiesigen Gevatterin deshalb ein

S. 51
Scheidebriefchen
schreiben müßen. Aber bey der ganzen Einkleidung, die

2
Ihre würdige
Costa
– ich weiß Ihr keinen heiligern Namen zu geben,

3
ohngeachtet er in Gichtels theosophischen Sendschreiben entweyht worden – dem

4
Angebinde zu geben gewust, ist mir ganz anders zu Muthe gewesen. Die

5
Süßigkeit des Nehmens macht Bauchgrimmen; aber hier nicht. Es brauchte

6
keine Verdauung und gieng gerade zum Herzen – ohne Mund und folglich

7
ohne Dank noch Murren. Das rechte Wohlgefallen und Behagen ist göttlicher

8
Genuß ohne Geschwätz.

9
Den 15
Jan.
erhielt ich den ersten Brief von Kraus aus Berl. worinn eben

10
nicht viel neues, aber doch eine Nachricht war die mich ein wenig in Wallung

11
brachte, daß P. Strabo sich wider an
Bernouilli
gewendet u dieser sich an

12
den Ruß. Minister um vielleicht
Pardon
u Abschied zu erhalten. Bey der

13
geringsten Gährung meines Gemüths bekomm ich
Appetit
zu eßen oder
Instinct

14
zu lesen. Im Kanterschen Laden ist alles aus und mit dem Hartungschen hab

15
ich nichts zu thun. Doch glückte es mir noch denselben Abend die
Lieder der

16
Liebe
zu erhalten wornach die Lüsternheit unüberwindlich geworden war, daß

17
ich mich angriff selbige zu stillen. Keins von allen Ihren Schriften hat mir

18
einen so süßen Abend und Eindruck gemacht als dies. Das Werk betrift so

19
den
Nabel
meiner Bibel – Gott gebe daß Ihre Apokalypse auch so gut gerathe

20
und ich will Ihnen gern erlauben daß Sie in Ihrer Autorschaft wie bey der

21
Hochzeit zu Cana, eine Pause machen und sich ausruhen. Ich würde besorgen

22
in meinem Urtheil wider mein beßer Wißen und Willen bestochen zu seyn

23
wenn nicht erst den 21
p.
Ihr güldner Zwillingsbrief angekommen wäre. Ich

24
erkannte Ihre Hand nicht u sah selbige für Kaufmanns an, dem ich eben

25
antwortete, weil mir eine kleine Unpäßlichkeit Muße gab allerhand aufzuräumen,

26
worunter auch die Antworten nach der Schweitz waren. Jetzt bin ich wieder

27
14 Tage häuslich und zum Theil bettlägericht gewesen an Flußfieber,

28
verdorbnen Magen und einem Schaden, den ich meine
Philisterflechte
nenne,

29
und die mir seit vielen Jahren beunruhigt aber niemals so viel Schmerzen

30
als dies mal gemacht hat. Ich habe so viel Kunstverständige bereits
consulirt,

31
die mich alle mit der Furcht eines künftigen Uebels, das
fistulös
werden

32
könnte, ausgelacht haben. Jedermann erklärt sie für eine unschuldige Flechte,

33
die kommt u vergeht und weiter nichts auf sich hat. Desto beßer für mich. –

34
Was aber den eigentl.
Schaden Josephs
betrift; so ist die Auflösung

35
deßelben eben das für mich, was jenes
Fischerrätzel
dem blinden Homer

36
gewesen seyn soll. Den einzigen Dienst im Lande, den ich mir selbst gewünscht

37
habe, ohne ihn hoffen zu dörfen.
Fast nichts
dabey zu thun noch zu

S. 52
verantworten als Schildwache zu halten mit einem Buch in der Hand, welches wol

2
freylich ein Haupt
aliment
meiner Hypochondrie ist; denn daß es mir daran

3
nicht fehlen kann, ist kein Wunder, wenn Sie sich meine stätige Lebensart

4
von 67 an vorstellen, meinen natürl. Hang zum Eßen, Trinken, Schlafen,

5
nebst dem ganzen Geschmeiß von blinden u heftigen Leidenschaften
in petto

6
Auch
keine Hauptschulden
, wie Sie muthmaßen; alles beläuft sich auf

7
100 rthl die mir Hippel seit einem Jahr ohne
Termin
u
Interessen

8
vorgeschoßen, in einer alten Rechnung bey Kanter, die seit Jahr u Tag fast gar nicht

9
wächst u einigen wenigen Thalern für Binderlohn die eine Kleinigkeit

10
ausmachen und gar nicht dringend oder nachtheilig werden können. Ich schreibe

11
jeden Heller an, besuche kein öffentl. Haus, erlaube mir keine Ueppigkeit weder

12
in Kleidung noch Lebensart, bitte niemanden zu Gaste, hab eine genaue,

13
ehrliche, ländliche Hausmutter, die
weder
keinen
Caffé
kaum
The
auf ihre

14
eigene Hand trinkt, sich nicht von der Schwelle rührt – Trotz allem dem hab

15
ich z. E. voriges Jahr, das noch leidlich gegen die vorigen gewesen ist gegen

16
1900 fl.
ausgegeben
und 1765 fl.
eingenommen
.

17
Diese
Schaam und Schande
nicht auszukommen, wenn ich andere gegen

18
mich halte,
drückte
mich wie ein enger Schuh den Leichdorn. Wie machens

19
andere bey der Hälfte von deinen Einkünften? Ich kann auf den
Grund

20
des Uebels
nicht kommen und weiß nichts als mein
Coffe
kännchen
, mein

21
Bier
, das ich nur des Abends trinke, denn Mittags Waßer,

22
Schnupftoback
, (denn ich rauche nur 3 Pfeiffen ordentl. des Tags) zu
reform
iren.

23
Auch hiezu bin ich mehr als einmal entschlüßig gewesen. Hiezu kommt noch

24
die
Ungedult auf einen reinen
Etat
meines
Finanz
-Wesens zu kommen.

25
Je mehr ich darnach ringe, je weiter komm ich vom Ziel. Die Hälfte von

26
meines seel. Bruders Vermögen hab ich auf sichere Wechsel gebracht; mit

27
den übrigen 5000 fl. hang ich mit einem Hause, bey dem es allem Ansehen

28
nach zum
Concurs
kommen wird. Da sitz ich wider wie ein
piscator ictus

29
ohne zu wißen wie viel ich an Zinsen, Capital u Proceßkosten verlieren werde:

30
so wie der Rest von meinem väterl. Vermögen auf eine
Ingrosation
von

31
2100 fl. auf einem andern mir durch den
Concurs
zugefallenen Hause zu

32
0 schmilzt, zu dem ich
à tout prix
keinen Käufer finden kann. Bey allen diesen

33
Verwickelungen u Unordnungen, in die ich ohne meine Schuld Gottlob

34
gerathen bin, ist nichts als
Gedult
nöthig und
Zeit
. Ich sollte also ein Mann

35
von wenigstens 12000 fl. seyn und kaum die Hälfte dieser Einkünfte sind

36
liquid
und ich weiß nicht wie viel es mir noch kosten wird die größere Hälfte

37
liquid
zu machen. An Verstand und Erfahrung in dergl. Geschäften fehlt es

S. 53
mir gar, und ich thue nichts ohne anderer Rath; dem ohngeachtet komm ich

2
nicht von der Stelle.

3
Meine
Wirthschaft
fieng ich außer einem Gehalt (das von 16 zu 30 rthl

4
gestiegen u sich seitdem auf 25
fixirt
) mit einem
fonds
von 15000 fl. an, wovon

5
1
/
3
das meinige
u
2
/
3
des Bruders waren. Das Geschleppe der Bücher und der

6
Zustand meines Cretinen riethen mir zum Ankauf eines Hauses. Meine

7
Rechnung dabey war falsch, indem ich durch ein Eigenthum an Miethe zu

8
gewinnen glaubte. Ich wurde beym
Ankauf
u
Bau
betrogen – und büßte

9
freywillig
beym
Widerverkauf
ein. Ich sah meiner Armuth mit

10
Zufriedenheit und Freuden
entgegen. –
Nun schweb ich als ein unglückliches
Amphibion

11
zwischen Furcht und Hofnung – hab den
Schein des Geitzes
von außen und

12
den
Wurm der Verschwendung
von innen, ohn daß ich mich gegen die

13
Scylla
u
Charybdis
zu retten weiß als durch Gedult, und Vertrauen auf eine

14
höhere Kraft meine Denkungsart oder mein Schicksal zu
corrigi
ren. Alle

15
meine Unordnungen fließen zum Teil aus einem
Ideal von Ordnung
, das

16
ich niemals erreichen können und doch nicht aufgeben kann – aus der

17
verderbten
Maxime
die in meinen Fibern liegt:
Lieber nichts als halb
. Ohne einige

18
Ahndungen einer beßern Zukunft würden mir die natürliche Schlüße aus den

19
Phoenomen
en des Gegenwärtigen völlig unterdrücken. Ich hoffe daß diese

20
wenige
Data
ohne nähere Beläge meine Verlegenheit entschuldigen werden,

21
und daß Sie mich keiner Verstellung und Pinseley wegen in Verdacht haben

22
können. Zu dem Entschluß mich ins Reine zu bringen und keinen Verlust zu

23
achten bin ich von selbst geneigt gnug; aber das Ganze
läst
sich nicht

24
erzwingen und ich habe für diese Versuche auch bereits bluten müßen. Vor einigen

25
Jahren erlaubte ich mir einen kleinen Wucher auf polnische
Reverse;
ich wurde

26
des Dings überdrüßig und weil ich 1000 rthl auf diese Art beym seel.
Comm.

27
R.
Hoyer
liegen hatte die fällig waren: so gieng ich zu dem Mann hin um die

28
Verlängerung des Wechsels zu bitten und ihm zugl. die übrigen 4000 rthl

29
à
6
p
% anzubieten um aller Mühe überhoben zu seyn. Der Mann begegnete

30
mir so kalt und war so schwierig das Geld zu behalten daß ich mit meinem

31
Anerbieten des Ganzen nicht herausrücken dorfte. Ich war in Verlegenheit

32
die 1000 rthl anzubringen u war beschämt es als eine Gefälligkeit

33
anzunehmen daß er den einen Wechsel noch verlängerte. Kaum ein Vierteljahr

34
nachher verlor der Mann alle seine Speicher im Feuer und ich muste einige Jahre

35
mit der Hälfte fürlieb nehmen der Zinsen und muste Gott danken, daß ich nicht

36
alles hingegeben hatte. So viel ein für allemal von dem eigentl. Sitz meiner

37
Verlegenheit, die nicht Geitz oder
Einbildung
sondern eine
würkliche

S. 54
Unordnung
ist
der ich nicht abzuhelfen weiß als durch Zeit und Gedult. Weil es mir

2
in dergl. Angelegenheiten gänzl. an Weisheit und Klugheit fehlt und ich durch

3
allen Rath nicht weiterkomme: so muß ich auf Zeichen und Wunder der

4
Vorsehung in Leibl. Dingen Rücksicht nehmen. Im Schatzkästlein ist ein

5
ὑστερον προτερον
eingeschlichen.
Saltz
und
Friede
ist auch mein
Motto.

6
Daß alles bey mir leerer Gedankenplan bleibt, ist all mein
Heil und Thun

7
nach den letzten Worten Davids 2
Sam XXIII.
Sorgen Sie doch für die

8
enfans perdus
Ihres Geistes wie ich für die meiner
Lenden

9
Von dem armen
Benzler
hat mich ich weiß nicht warum ein Brief länger

10
als 8 Tage beschäftigt, den er an Kanter geschrieben u ihn um eine

11
Uebersetzungsarbeit gebeten; aber hier geht alles zu Grunde, und man vermuthet

12
sich alle Tage den Einfall des Himmels. Die Lotterie wird aufgehoben – und

13
Sie sollten das Schloß von Papiermühle in
Trutenau
nebst der daselbst

14
angelegten Schriftgießerey sehen! Daß er eine Buchdruckerey in Westpreußen

15
angelegt hat ist etwas altes und dörfte wol seinem zeitigen
Factor

16
anheimfallen.

17
Ungeachtet der König Selbst
per fas et nefas
das Saturgische
Comptoir

18
zu stüzen gesucht; so wird der
Commerc.
Rath einmal nach dem andern aber

19
umsonst aus Warschau
citi
rt – und mit
Melchior Kade
ist es aus, rein aus.

20
Et ego homunculus
– oder wie es bey
Cicero
heißt. Unterdeßen geht das

21
Gerüchte daß hier Zimmer für die verw. Königin von Schweden fertiggemacht

22
werden, weil
Jupiter
diese
Juno
in Berl. nicht leiden will. Der Prinz von

23
Hollstein wird auch mit seiner Gemalin der Gräfin von Sacken erwartet.

24
Semler soll hier an einen Minister geschrieben
haben
daß er das physische

25
factum
der Auferstehung
dahin gestellt seyn ließe. Mir fiel von ohngefehr

26
Steinbarts Phil. des
Χ
stentums in die Hände. Ich überlief die
Dedication

27
u Vorrede und legt es nieder um eben den Brief an Lavater zu schließen, und

28
denk ihn an dies neue
Monstrum
aus
Africa
.
Indem mir dieser Ausdruck

29
entfährt,
schlägt mir das Herz über mein vorläufiges Urtheil
ohne das

30
geringste von dem Werk selbst gelesen noch gehört zu haben als alles Gute im

31
allgemeinen. Stellen Sie sich mein Vergnügen vor, wie ich so viel vom

32
afrikanischen System
u Lavater selbst darinn angefochten fand. Das war

33
mir
lupus in fabula.

34
An Leßings
ontologi
sche Gespräche hab ich mich nicht satt lesen können;

35
auf seinen Nathan freue ich mich, ohne darauf
praenum
erirt zu haben,

36
welches ich auf Reiskens schwerl. versäumen möchte, habe den ersten Wink in

37
Ihrem Briefe erhalten. Alle beyde Auflagen über die Ehe nebst den

S. 55
Lebensläufen habe neuerdings gelesen. Wenn ich auch wegen des letztern

2
Gewißheit
hätte, äußerl. u innerl. so ist der Verf. in Ansehung des Autorwesens

3
ein Original, der es als einen Hochverrath ansieht ihn in Verdacht zu haben,

4
daß er
Autor
ist oder darauf Ansprüche macht. Wegen der Lebensläufe bin

5
beynahe
apodict
isch überzeugt, daß mein Freund der Verf. davon ist. Es sind

6
manche Familienscherze, Idiotismen
p p
auf die ich alle nicht trauen würde,

7
wenn nicht der Copist von einem Freunde betroffen wäre, dem er beynahe zu

8
Fuß gefallen, weil er augenblickl. sein Brodt verlieren würde. Ich bitte Sie

9
also dies Geheimnis vor sich zu behalten. Als ein
Product
des Vaterlandes

10
verdient es immer
Schutz
– und ist immer viel bey seinen Geschäften

11
u Zerstreuungen. Daß
Grecourt
aber an der Ehe mehr Antheil haben

12
muß, muthmaße ich aus dem
curiös
Bachant
sch
en Ton. Ein rechter

13
betäubender geiler Witz
. Kant, den ich wider zu besuchen anfange findt in den

14
Lebensläufen hundert Winke aus seinen Vorlesungen: Man muß das Ende

15
abwarten. Die
Liederkenntnis
u Brocken aus ihrer Geschichte – die kurschen

16
Anecdoten welche aus Ziegenhorn genommen zu seyn scheinen, sind auch

17
indicia:
aber obgedachtes
factum
ist die Hauptsache. Er scheint es ohnedas

18
noch nicht verschmerzt zu haben, daß Sie eine Jugendschrift so bitter

19
mitgenommen in einer Stelle die mir nicht einmal bekannt ist – und wie es heist

20
Kanter einmal aufgetragen haben diesen Stich noch tiefer zu machen.
Sal et

21
pax
,
Herzens Gevatter! und nichts gegen unsern Freund und Verleger, noch

22
zu öffentl. Gebrauch, biß die Sache zu Ende ist und für sich selbst redt.

23
Winkelmanns Briefe habe mir zu verschaffen gewust nebst Gadebusch, den ich mich

24
besinne als einen Freund des Kr. R. Lilienthals gekannt zu haben. Wir

25
konnten uns aber niemals, wie es schien, einander ausstehen. Auch Lindners

26
Manes
hat er nicht beßer behandelt. Aber
sein eigener
Lebenslauf ist ein

27
Meisterstück, das alles entschuldigt, was er von andern sagt, weil er es aus

28
Mangel des Geschmacks u Urtheils thut. Ich weiß also nicht ob es der Mühe lohnen

29
sollte seine Klatschereyen wichtiger zu machen als sie in jedes vernünftigen

30
Lesers Augen von selbst seyn werden. Auch Lavaters Correspondenz mit

31
Stender gehört hieher.

32
Dachs Werke sind hier auch selten und wir haben nur einen
Antiquarium

33
der ein unwißender Esel ist. Lauson war so gut u schenkte mir ein
Duplum
aus

34
seiner Bibliothek von Alberti Liedern für Sie (Er hat mich längst um ein

35
Exemplar Ihres Gebets zu Bückeburg bey der Leiche
ersucht)
ich fand aber

36
den
Defect
eines Blatts; und zum Glück war hier die
Auction
des alten

37
Candid. Tschepius
wo Alb. Lieder einigemal vorkamen, aber mehrentheils

S. 56
auch
defect
weil man selten alle Theile zusammen findt. †feld bot mir auch

2
sein
Exempl.
an, aber blos als ein Darlehn;
aber
ohngeachtet es einen

3
ehrl. Band hatte, enthielt es bloß den ersten Theil gantz und das übrige waren

4
Fragmente
der 3
ersten
folgenden Theile. Also war ich recht erfreut, da

5
ich krank war, daß ich ein sehr vollständiges Exemplar durch meinen Freund

6
Brahl habe erstehen können, das noch die Kürbshütte des Alberti
p
enthält.

7
Habe mit genauer Noth nur die
alte
Ausgabe der Gedichte auftreiben

8
können; die vorigen Montag den 15 abgegangen seyn sollen nach Berl. durch

9
einen
Candidaten Jordan,
der daselbst einen HE von
Kalnein
abholen soll,

10
den
Zitterland
hier auf der Academie u auf Reisen führen wird. Ich habe

11
den Mann nicht kennen gelernt, weil seine Abreise übereilt u ich bettlägericht

12
war. Er hat mir heilig versprechen laßen beyde Stücke sogl. bey seiner

13
Ankunft in Berl. auf die Post zu geben. Mehrerer Sicherheit wegen hab ich an

14
Kraus geschrieben um mit dafür zu
sorgen
wie wol der zu
Commission
en

15
wie der Bock zum Gärtner taugt. †feld hat mir einen ganzen Stoß
Hochzeit

16
Glückwunsch-
vorneml. Leichengedichte des Dachs mitgetheilt, worunter ich

17
beyl.
ausdrückl. Sterblieder
gefunden. Ich wünschte daß Sie alles zu

18
rechter Zeit noch erhielten u was drunter brauchbar wäre. Ich vermuthe daß

19
Ihnen, bester H. hauptsächl. um die
Lieder
zu thun ist; für die
neueste
u

20
stärkere Samml. der Gedichte
werde hier sorgen, sobald sie vorkommen,

21
oder ich sie aus einem Winkel auftreiben kann,
wenn Ihnen was daran

22
gelegen seyn sollte
.

23
Eben erhalte einen Brief vom jüngsten Lindner, der mit Macht in Berl.

24
die
Medicin
studiret und mir statt des Verfaßers der physiognomischen

25
Reisen, den ich zu wißen neugierig war, meldet, daß ein gewißer
von Jung

26
die Lebensläufe
geschrieben. Das ist der berühmte Danziger Resident, den

27
ein altes Gerüchte auch zum Verf. der Ehe gemacht. In Ansehung der

28
Hauptsache können Sie sich auf meine Nachricht verlaßen, die sich auf ein
factum

29
und keine Muthmaßungen gründet, gegen die ich gantz mistrauisch geworden

30
bin. Die
Genesin
der Lebensläufe kann ich mir wol erklären, aber in

31
Ansehung der Ehe glaub ich daß
Grecourt
mehr Antheil hat –

32
Wie können Sie mich zur Schriftstellerey aufmuntern – und Selbst über

33
Nachwehen klagen! Nächste Woche beschließ ich mit meinem Sohn das N. T.

34
und fange das siebente Buch des
Aeliani Historiae variae
an. Im Latein bin

35
ich in Miller Chrestomathie die ich erst jetzt habe kennen gelernt und denke

36
auch die
Historias selectas
auch
dies Jahr zu
absolui
ren, daß ich
Ernesti

37
Initia
u
Archaeologia
und das
Hebraische
mit ihm anfangen kann; denn

S. 57
die Anfangsgründe dieser drey Kreutzsprachen hab ich ihm zugedacht, wenn

2
Gott Leben und Gesundheit schenkt. Bleibt mir der einzige Sontag übrig,

3
Besuche anzunehmen und zu geben. Ueberhaupt scheint
von außen
noch alles

4
so unreif zu seyn als in
meinem Innern
. Was geht mich das Publicum an,

5
wenn ich mein eigen Haus
nicht
mein
Haus
,
oder meine
Cameram obscuram,

6
nach der ich das
Uniuersum
auffangen muß, nicht ins Geschick und zur

7
Festigkeit bringen kann.
Ich beschwör euch, Töchter Jerusalem, weckt sie

8
nicht!
Regt
sie nicht! bis sie selbst erwacht
. Wie freu ich mich auf Ihre

9
Spätlinge
, auf Ihre Apokalypse! Vergeßen Sie nicht mir alles mit der

10
Meße –
Lieder der Liebe und der Gemeine
– Achten Sie nicht den Verlust

11
Ihrer Gaben – Meine Gedult wird Frucht bringen und meine Hoffnung gleich

12
dem Stabe Mosis u Aarons ausschlagen –

13
Daß
Ihre Ruhe Ehre sey
, vergeßen Sie nicht die
Urkunde
, sollte es auch

14
blos im
Entwurf
seyn, zu endigen. Im Banier fand neulich, daß Jupiter

15
1780
a. C. n.
gestorben; eine ähnliche
Epoque
läßt sich
p. C. n.
erwarten. Die

16
philosophische Schulfüchserey geht zu B. so weit als mögl.
D. Herz,
Kants

17
beschnittener Zuhörer, hat eine philosophische Bude aufgeschlagen die tägl.

18
zunehmen soll und worunter der
Maecen
d
ies
er
Wittwen u Waysen (Acad.

19
u. Schulen) unsers Landes auch gehört, dem Steinbart sein System

20
dedici
rt hat.

21
Die Leiden u Ana sind ein
Scherz
der sich von meinem
Catalog
herrührt.

22
Wenn so etwas da wäre; wie sollte ich Ihnen, HerzensHerder, ein Geheimniß

23
daraus machen! Meine Absicht war in der
Apologie meines Cretinen
(ein

24
Denkmal auf meinen seel. Bruder) den Theil meines Lebenslaufs und jenen

25
Stoff einzuarbeiten – und zugl. dem Apologisten der Heiden durch einige

26
argumenta ad hominem
etwas zu rathen zu geben. Es ist aber alles Kitzel,

27
Anwandelung, leerer Spuk
gewesen –
Was hat der Dichter mehr nöthig

28
gehabt als eine
paginam
zum Titel zu
fingi
ren.

29
Heute ist Sonnabend; ich habe die ganze Woche an diesem Briefe

30
zugebracht und denke morgen meinen Kirchengang zu halten nach einem

31
Stillstand von 3 Wochen. Vielleicht haben Sie Mühe mein Geschmier zu lesen.

32
So bald ich Anlaß habe Sie, bester H. mit etwas beßern als meinen Grillen

33
zu unterhalten, hoffe ich verjüngt da zu seyn. Jetzt ist mir wie einem

34
Schweitzer unter seinem Heimweh zu Muthe. Weder
ημεραι
noch
εργα
Gantz

35
gewiß alles ein Plan einer höheren Hand, der ich meine ganze Erziehung zu

36
verdanken habe, und die meinen Beruff, ohne ihn selbst zu kennen, entwickeln

37
wird. –
εμαθε
αφ’ ων
επαθε
– Er wolle uns beyde zum reinen
Pfeil machen

S. 58
und in
Seinen Köcher stecken
! Auch Er dachte,
ich arbeitete vergeblich

2
und brächte meine Kraft umsonst und unnützlich zu
. Jes.
XLIX.

3
Klopstocks Orthographie habe mit Ihren Empfindungen gelesen. Mir kam

4
Lausons Päan und Bibliothek im Sinn – wenn ich davon reden müste – und das

5
principium
seiner Reformation ist eben so falsch als der Nicolaiten.

6
Tellow’s erstes Fragment ist für mich sehr
interessant
gewesen – das letzte
erst

7
in meiner Unpäßlichkeit auf Ihren Wink kennen gelernt. Ich denke daß Sie

8
sich weniger zu beklagen hätten als Nachbarn gute Freunde u desgl. Selbst

9
das Lächerl. im Enthusiasmo der Freundschaft hat etwas heiliges für mich –

10
und der Schlüßel zu Klopstocks Werken ist ganz nach meinem
Geschmack

11
Wunsch. Ist Ihnen auch der Verf. der physiognomischen Reisen nicht

12
bekannt? Es wird dabey nicht bleiben und werden wol noch mehr auftreten.

13
Mercurs verdienstl. Werk um den
Buncle
wird auch wol nicht unvergolten

14
bleiben.
Dante
habe in Frankf. am Mayn ohne Wörterbuch gelesen; so sehr

15
hielte das wenige, was ich verstand, mich für das übrige schadlos.

16
Friede, Friede! Gott gebe, daß es wahr
sey.
und laße auch einen guten Stern

17
an Ihrem Horizont aufgehen. Tausend Seegen überschütte Sie und alle die

18
Ihrigen. Ich bleibe Ihnen gantz verpfändet ohne daß ich absehen kann, wie ich

19
für Ihre Wohlthaten erkenntlich seyn werde. Die Zeit wird den Rath der

20
Herzen offenbaren und das Verborgene ans Licht bringen, unterdeßen jetzt

21
alles gleich der Saat zu verwesen scheint. Ich umarme Sie im Gefolge aller

22
der Meinigen, die Ihnen die Hände küßen und ersterbe Ihr treuer

23
Jonathan Hamann.


24
Dom. Reminiscere.

25
Ich habe bis auf den heutigen Sonntag gewartet, bin in der Kirchen, und

26
bey unserm
Oberhofprediger,
der auch wie sein Vorgänger über

27
Verdruß klagt – und erschöpft und beladener zu Hause
gekommen daß
ich

28
Zeit gehabt habe mich erholen zu können. Muß aber demohngeachtet zu Ihrer

29
bischöflichen Fürbitte meine Zuflucht nehmen, daß ich noch ungeschickter als

30
das kleine Gotteskind bin den einfältigsten Dank Ihrer besten Hälfte, meiner

31
verehrungswürdigsten Frau Gevatterin abzustatten. Ich glaube daß diesem

32
ganzen Briefe meine Unvermögenheit anzusehen seyn wird. Beunruhigen

33
Sie sich
deshalb
nicht –
Eben platzten meine 3 Kinder herein mit einem

34
Gefolg einer kleinen bunten Gesellschaft die eine gewiße
Mad
lle
Stoltz anführet,

35
durch
mit welcher ich durch Hintz, der sie ins Land gebracht, bekannt gemacht

36
worden bin, die eine vertraute Freundin einer Cammerherrin von der Reck

S. 59
ist, welche mit unserm Lavater in
Correspond
entz steht – Und so hänget alles

2
auf der Welt zusammen an Fäden, die sich nicht zerreißen laßen ohne uns u

3
andern Wehe zu thun. Meine alte würdigste Freundin, die Baroneße v
Bondeli,

4
ist auch in die äußerste Armuth versetzt u im Begriff
Pensionairs

5
anzunehmen, die sie schwerlich erhalten wird ohngeachtet aller ihrer Talente zu einer

6
Beaumont.
Sie wißen vermuthlich daß Sie meine einzige
u.
beste Schülerin

7
im Engl. gewesen und ich habe wie ein Kind in ihres Vaters Hause gelebt.

8
Wäre mein eigen Schicksal auch noch so
vortheilhaft
, so könnte ich selbiges

9
nicht recht genießen oder würde auch
Experimente
machen um anderer zu

10
verbeßern, welches doch blos ein
Praerogativ
der Vorsehung ist. Bey allen

11
solchen Verbindungen fühlt man das Sprichwort lebhafter:
Artzt hilf dir

12
selber!


13
Den 1 März.

14
Heute in den Zeitungen die Ankunft Ihrer Prinzeßin gelesen. Beynahe ein

15
Kalbsviertel vor Freuden verzehrt
ad imitationem
des
ArchiHypochondristen

16
Herkules, deßen Geschichte ich im Banier gelesen und mit diesem Buche auch

17
zu Ende eile, ohne viel Trost darinn gefunden zu haben. Glaubte daß ich es

18
lesen müste ehe ich an die Geheimniße gienge. Werde in Mitfasten den letzten

19
Versuch
machen,
ob ich im stande seyn werde meine Gedanken drüber

20
auszudrücken. Geht es nicht; so ist nichts dran gelegen. Will desto fleißiger mit

21
meinem Sohn seyn, den Sommer genießen und mein Stuffenjahr leer und ruhig

22
beschließen. Bey der ersten Veranlaßung die der Mühe lohnt werde wider

23
schreiben. Gott seegne Sie, liebster bester Herder und alle die lieben Ihrigen.

24
Ihr kleiner Stammbaum hat mir recht wohl gethan. Gute Nacht, Pathchen!


25
Cetera desunt.

Dem Brief lagen Gedichte von Simon Dach in Abschriften von Hamanns Hand bei (vgl. HKB 545 [IV 56/16]). Provenienz: Tübingen, Universitätsbibl., Kapsel 32 des Herder-Nachlasses, 12 Quartblätter.

Wie Hamann im Anhang erwähnt (vgl. HKB 545, Anhang [IV 475/33–476/7]), besteht die Grundlage für die Abschriften vmtl. in Einzeldrucken und Abschriften, die in Königsberg zirkulierten. Der Text der Abschriften stimmt bis auf gelegentliche Abweichungen überein mit Ziesemers Dach-Edition: Simon Dach, Gedichte. Hg. von Walther Ziesemer. Halle/Saale 1936–38, III, Nr. 13, 7, 164, 168, 208, 212; IV, Nr. 6, 33, 81, 136, 240, 234; III, Nr. 206. Überschriften: „Mein Abschied aus der bösen Welt“, „Ach ja, Ihr habt mit recht zu flehen“, „Am allerbesten ist es zwar“, „Ich muß aus diesem Leben“, „Die Selige Ewigkeit“, „Dein ist, Gott, der Erden Kreis“, „Muß der Mensch nicht stets in Pein“, „Gott, zu dem ich sehnlich bete“, „Gott unsre Zuversicht“, „Wo will es hin mit meinem Herzen“, „In allen deinen Sachen“, „O welcher doch den Tod für allen“, „Wir armen Leute meinen“.

474/29
Geistl. Sterbelied aus 2
Tim IV.
6–9 auf H. Hanß Truchses von

30
Wetzhausen, obersten Burggrafen und Regiments Rath des Herzogtums Preußen   1636.

31
Mel. Ich weiß daß mein Erlöser lebt.

32
1. Mein Abschied aus der bösen Welt

33
Und aus den schweren Banden

34
Ist nun einmal vorhanden

35
Ich bin dem Tode vorgestellt

36
Und muß das Reich zu erben

37
Gleichsam ein Opfer sterben

38
Ich habe ritterlich gekämpft

39
Und meinen Lauf vollendet

40
Der Feinde Wüten ist gedämpft

41
Und alle Noth geendet.

42
2. In diesem Lauf und harten Streit

43
Hat mir der Feind den Glauben

44
Dennoch nicht können rauben

45
Die Krone der Gerechtigkeit

46
Die jenes Leben heget

47
Ist schon mir beygeleget

48
Gott, der im letzten Weltgericht

49
Das Richteramt wird führen

50
Wird Selbst mich in dem wahren Licht

51
Mit solcher Krone zieren.

52
3. Drum, meine Liebsten, laßet ab

53
Viel jämmerliches Klagen

54
Um meinen Tod zu tragen

55
Dies Sterben, dieses finstre Grab

56
Ist mir aus allem Leiden

57
Der Richtsteig zu den Freuden

58
Ihr müßet auch von hinnen ziehn

59
Doch bleibet euch das Leben

60
Alle ihr die Sünde werdet fliehn

61
Und Christo euch ergeben.

62
4. Denn das gewünschte Himmel-Gut

63
Ererben alle Frommen

64
Die Christum angenommen

65
Die sie sich gründen auf Sein Blut

66
Zu seiner Furcht sich üben

67
Und seine Zukunft lieben

68
Mit solchem Trost bin ich verwahrt

69
Und wil das Heil gewinnen

70
Begeben drauf mich auf die Fahrt

71
Und scheide so von hinnen.


72
Trostlied
an die p Frau Agnes Möllerin, des p HE. Georg Weißele, der Roßgärtschen

73
Gemeine zu Kgsb. Seelsorger, hinterlaßene Wittwe   1641.

74
1. Ach ja, Ihr habt mit recht zu Flehen

75
Ihr armen Wittwen, wenn ihr müßt

76
Der der Euch vormals herzt, und küßt’

77
Auf einem Brete liegen sehen

78
Wenn eurer Seelenband und Pflicht

79
Durch eurer Männer Tod nun bricht.

80
2. Der Euch (o seeliges Begnügen!)

81
Mit seinen Armen oft umschloß

82
Muß in der kalten Erden Schooß

83
Dem Ehebett entführet liegen

84
Eur waiser Stand und großes Leid

85
Gleicht Turteltauben Einsamkeit.

86
3. Doch wo Ihr Christlich wollt erwegen

87
Das Kreutz, zu welchem Ihr allein

88
Die allerärmsten klagt zu seyn

89
Was gilt’s, der Schmerze wird sich legen

90
Oft meint der Mensch aus falschem Wahn

91
Er sey am allerärgsten dran.

92
4. So bald Euch eure Männer sterben

93
Hat Gott sich Euch zum Mann erwählt

94
Und herzlicher sich Euch vermählt

95
Als die hie Lieb’ um Liebe werben

96
Der Menschen Lieb ist Hauch und Wind

97
Bey solcher, die in Gott sich findt.

98
5. Ihr mögt vor allen auf Ihn hoffen

99
Bey euren Thränen, die Ihr seet

100
Euch steht im herzlichen Gebet

101
Mehr als Ihr gläubt der Himmel offen;

102
Sein Vater Sinn ist eurem hold

103
Und eure Thränen sind ihm Gold.

104
6. Verflucht sind, die an Euch sich reiben

105
Ihr Saame soll verlaßen stehn

106
Und bey den Thüren betteln gehn

107
Gott will sie aus dem Lande treiben

108
Ihr Beten ist vor eurem Gott

109
Ein bloßer Eckel und ein Spott.

110
7. Legt nun den Schmerzen auf die Wagen

111
Und diesen festen Trost dabey

112
Ihr habt durch schmerzliches Geschrey

113
Nicht halb so sehr Euch zu beklagen.

114
Wenn Gott am meisten hie verletzt

115
Wird hie mit
meistem Trost
ergetzt.

116
NB.
Wie lang soll Deine Zornflut sich
ist auf Dachs liebste Frau Muhme

117
Hedwig S. HE. Joh. Vogler’s nachgelaßene Wittwe in ihrer großen Krankheit

118
gemacht 1641 den 15 April. Folgt hinten nach ein Stund auf ihren Tod den Tag

119
drauf. Abweichungen von 1 V. Nach
altem
Brauch / 8. Ein abgelebte Wittwe bin /

120
17. bist du kein Wittwen Vater mehr


121
Trostliedchen
beym Hintritt der Frau Katherina geborne Kehsinn, HE Fr. Pöpping

122
Altstädtschen Raths Verwandten Ehefrau   1648

123
1. Am allerbesten ist es zwar

124
Im Herren seyn verschieden

125
Und leben bey der frommen Schaar

126
Vergnüget und in Frieden

127
Seyn ewig außer Trug und List

128
Mang
Abrahams Geschlechten  
am Rand:
Mang

129
Da Freud’ und lieblichs Wesen ist

130
O Gott zu Deiner Rechten.

131
2. Und hätt’ ich aller Welt Genieß

132
So hier erdacht mag werden

133
Ja säh ein rechtes Paradies

134
Für mich gebaut auf Erden

135
Herrscht herrlich über Leut und Land

136
Groß, mächtig und erhaben

137
Und wär in aller Welt bekannt

138
Durch Kunst Verdienst und Gaben.

139
3. Was wär es denn nun endlich mehr?

140
Die Zeit Flucht heißt mich alten

141
Vergänglich ist Welt Lust und Ehr

142
Und dann muß ich erkalten

143
Bin aus, verrotte ja sogleich

144
Als hätt ich unterdeßen

145
Nichts, oder aller Erden Reich

146
Zu dieser Welt beseßen.

147
4. Wer aber lebt so wol allhie

148
Und nur in guten Tagen?

149
Ein andrer weiß von seiner Müh

150
Von meiner ich zu sagen.

151
Viel ist der Stern am Himmels-Saal

152
Und viel der Meeres Wellen

153
Mehr aber ist der Menschen Quaal

154
In mehr als tausend Fällen.

155
5. Nein, unser Bestes bleibet wol

156
Von hinnen seelig scheiden

157
Und aller Ruh und Anmuth voll

158
Bey Christo seyn in Freuden

159
Und jung zwar, denn aus diesem Licht

160
Kaum alt erst wollen scheiden

161
Ist Lust sich gern, ohn Thorheit nicht

162
Im Tode zu verweilen.

163
6. Nur daß, die hinterblieben seyn

164
Sich gar zu heftig kränken

165
Und kaum einmal vor großer Pein

166
An ihren Gott gedenken

167
Der uns doch allen setzt ein Ziel

168
Das heut kömmt oder morgen

169
Ob wir gleich wenig oder viel

170
Deßelben uns besorgen.

171
7. Laß, HErr, des Glaubens Licht allzeit

172
In unsern Herzen brennen

173
Daß wir die selig’ Ewigkeit

174
Ja mögen recht erkennen

175
Und klagen dann der Unsern Tod

176
Mit Trostgemäßten Trähnen

177
Uns aber stets aus dieser Noth

178
Zu Deinen Himmel sehnen.


179
Christl. Freudigkeit zu sterben
und bey Christo zu seyn auf Maria geb.

180
Rideleim, Joh. Schmeißen p Ehefrau   648.

181
1. Ich muß aus diesem Leben

182
Dies ist Gesetz und Pflicht

183
Ich mag gleich wiederstreben

184
Mag wollen oder nicht

185
Drum nimm mich, Jesu, doch davon

186
Im Fried als Deinen Simeon.

187
2. Auch ich hab, Herr, gesehen

188
Dich aller Menschen Heil

189
Die Rettung, so geschehen

190
Durch Dich, ist nur mein Theil,

191
Ich trag auf meiner Glaubenshand

192
Dich meiner Seelen höchstes Pfand

193
3. Du bist mein Weg-Bereiter

194
Mein Durchzug, meine Bahn,

195
Des Himmels Thür und Leiter

196
Den Du mir aufgethan

197
Der Durchbruch wird mir nun nicht schwer

198
Weil du, Gott, durchbrichst vor mir her.

199
4. Jetzt sitzest Du zur Rechten

200
Der Gottes Kraft gestellt

201
Und hast in Deinen Mächten

202
Sünd, Hölle, Tod und Welt

203
Was Himmel Luft und Erd erhöht

204
Dient Deiner hohen Majestät.

205
5. Dir wird stets Lob gesungen

206
Von aller Engel Schaar

207
Es rühmen Dich die Zungen

208
Der Väter immerdar

209
Um Dich wohnt Ehre, Dank und Preiß

210
Und Freude, die kein Ende weiß.

211
6. Laß mich dahin gelangen

212
Mach mich von allem frey

213
Was mich hie hält gefangen

214
Auf daß ich bey Dir sey

215
Und lobe Dich, in Dir erfreut,

216
In alle ewig’ Ewigkeit.


217
Omnia possideat non possidet aethera Mundus.

218
oder

219
Die Selige Ewigkeit

220
auf Sophie geb. Schwarzin, Joh. Schimmelpfennings, Kneiphöfschen Rathverwandten,

221
KriegsCommißarien u obersten Kirchenvaters Hausfrau selbst eigenes Begehren bereits 1649

222
1 Herbstm. geschrieben, sie selbst aber ist 1656 im Febr. gestorben.

223
Nach dem 1. Vers: 2. Laß mir nichts Dein Wort

224
Aus dem Herzen lenken

225
Sondern fort und fort

226
Mich an Dich gedenken:

227
Seyn mein Tritt, mein Gang

228
Und mein Lebens Zwang

229
3. Hast Du Dich gesellt

230
Wol zu meinen Sinnen

231
Nichts in dieser Welt

232
Wird mein Herz gewinnen

233
Denn was gleicht allhier

234
Deiner hohen Zier?

235
Nach dem 4. Vers   7. Allen Wünsche Macht

236
Aller Weisheit Gaben

237
Aller Hoheit Pracht

238
Allen Reichthum haben:

239
Nirgends sehn Verdruß

240
In dem Ueberfluß.

241
Nach dem 8 Vers   12. Sollt ich nicht allhie

242
Gern um Dich ertragen

243
Armuth, Blöße, Müh

244
Hohn und Krankheit Plagen

245
Ja die höchste Noth

246
Bis in meinen Tod.

247
Nach dem 9. Vers   14. Laß hie meinen Leib

248
Wolgezüchtigt werden

249
Schlag, hau, brenn, zerreib

250
Ihn zum Klößlein Erden

251
Nur die Seel entgeh

252
Ewig ihrem Weh

253
15. Keiner Wollust Schuld

254
Steige mir zu Herzen

255
Daß ich Deine Huld

256
Wollt hierum verscherzen

257
Ewig auch darzu

258
Meiner Seelen Ruh.

259
16. Täglich tödt in mir

260
Meiner Lust beginnen

261
Keiner Welt begier

262
Komme mir zu Sinnen

263
Ihre falsche Lust

264
Sey mir Gram und Wust.

265
Im 10 oder   17-letzten Vers steht:
Werken
und Gedanken


266
Trostliedchen
auf Friedr. Veiten Ableiben in Cawen in Litthauen für seine

267
Eltern in Königsberg   1649

268
1. Dein ist, Gott, der Erden Kreiß

269
Und der Mensch darinnen

270
Niemand kömt von hinnen

271
Niemand her ohn Dein Geheiß

272
Dies ist Sein Belieben

273
Es wie sehr der Sonnenstral

274
Steht schon unsrer Tage Zahl

275
In sein Buch geschrieben.

276
2. Dieser eilt ein Kind von hier

277
Der in grauen Haaren

278
Der in solchen Jahren

279
Der des Lebens beste Zier

280
Da er sollte nützen

281
Seiner lieben Vaterstadt

282
Seyn der Eltern Trost u Rath

283
Und ihr Alter stützen.

284
3. Dieser reißt die Darre fort

285
Den die Pestilenze

286
Den des Vaters Gränze,

287
Jenen wo ein fremder Ort:

288
Daß wir gleich den Blinden

289
Hierin tappen nach dem Licht

290
Und durchaus in Dein Gericht

291
Uns nicht können finden.

292
4. Aber Du Herr bist allein

293
Weisheit, Glantz und Stärke

294
Wilst in Deinem Werke

295
Von uns ungemeistert seyn

296
Hilf es uns erkennen

297
Hemm Du unser Angstgeschrey

298
Laß uns in Gedult und Reu

299
Stets Dich Vater nennen.

300
5. Du allein kennst unsre Zeit

301
Niemand den Du liebest

302
Und sein End ihm giebest

303
Wird zur Unzeit abgemeyt

304
Wird er hingenommen

305
Ob er jung ist oder alt

306
Ey
gefiel Dir, also bald  
am Rand:
Er

307
Wird er auch vollkommen.


308
Lebens- und Todeskampf frommer Christen
nach Anleitung des Leichentexts
Apoc.

309
XIV.
13. auf den Bürgermeister der löbl. Stadt Kneiphof Joh. Krintzen, Erbsassen

310
auf Schanwitz u Lichtenfeld   1652.

311
1. Muß der Mensch nicht stets in Pein

312
Und im Streit auf Erden seyn?

313
Sind nicht seine Tage

314
Eines Tagelöhners gleich?

315
Er sey dürftig oder reich

316
Ihn trifft seine Plage.

317
2. Ein Soldat im Kriegesheer

318
Hat es beßer weder er,

319
Dann er ruht zu Zeiten

320
Dieser nie; was ist sein Feld?

321
Mit der ganzen bösen Welt

322
Hat der Mensch zu streiten.

323
3. Jenes Feind ist äußerlich

324
Dieser kämpft erst selbst mit sich

325
Sucht sein Herz zu meistern

326
Nachmals mit der Hellen Kluft

327
Mehr, auch droben in der Luft

328
Mit den bösen Geistern.

329
4. Uebergeh ich Glück und Fall

330
Und was stürmet überall?

331
Was uns von den Morgen

332
An bis in die Nachtzeit kränkt

333
Und die niemand gnug bedenkt

334
So viel tausend Sorgen

335
5. Wieder solcher Arbeit Noth

336
Ist kein Mittel als der Tod

337
Aber ist zu kämpfen

338
Je gewesen, so ist dann,

339
Wann zuletzt der Todten Mann

340
Uebrig ist zu dämpfen.

341
6. O wie heßlich siehet aus

342
Er sein Grab das Knochen Haus

343
Was ist dann zu leiden?

344
Wenn das Herz nicht Kräfte weiß

345
Und uns netzt der Todes-Schweiß

346
Seel und Leib sich scheiden?

347
7. Aber über selig weit

348
Sind die Todten allerseit

349
Die im Herrn sterben

350
Denn der Geist bejaht, daß sie

351
Von der schweren Arbeit hie

352
Erst die Ruh erwerben.

353
8. Auch sind ihre Werke wach

354
Denn sie folgen ihnen nach

355
Ihr Gebeth in Nöthen

356
Ihre Lieb’ ihr Glaubens Schein

357
Samt Gedult u Hoffnung seyn

358
Was kein Tod kann tödten.

359
9. Daß wir keines Kampfes scheu

360
Tragen, steh, o Gott, uns bey

361
Durch des Geistes Waffen

362
Thu uns sanft die Augen zu

363
Damit wir in stoltzer Ruh

364
Nach der Arbeit schlafen.


365
Einfältiges Trostliedchen an D. Z. V.
Georg Reimann, Hof- u Gerichts-Rath u des

366
Saml. geistlichen Gerichts Official p auf seines einzigen Sohns Georg Reiman’s Absterben,

367
der sein 14 Jahr erreicht   1652.

368
In die Weise des 86 Psalms im Lobwaßer zu singen

369
1. Gott, zu dem ich sehnlich bete

370
Wann es jetzt Dein Wort nicht thäte

371
Das mir einig Hoffnung giebt

372
In der Angst, so mich betrübt

373
Wie wüst’ ich es auszustehen?

374
Wahrlich ich müst untergehen

375
Dieses Elend würde mein

376
Mehr als übrig mächtig seyn

377
2. Wie hast Du Dich mir verwandelt

378
Wie man sonst mit Feinden handelt

379
Die beraubt sind aller Zier

380
Also handelst Du mit mir.

381
Hast Du mir nicht über Hoffen

382
Da recht in das Herz getroffen

383
Mich verwüstet gantz und gar

384
Da mein Sein und Leben war?

385
3. Wer wird mir nun Trost erwecken?

386
Wo ist meines Alters Stecken?

387
Meine Hoffnung, mein Gewinn

388
Ruh und Absehn ist dahin:

389
Laßt den falschen Schein der Zeiten

390
Euch, ihr Menschen, nicht verleiten

391
Wann sich leichtes Glück eräugt

392
Nicht glaubt seiner Gunst, es träugt.

393
4. Weßen soll ich mich nun freuen?

394
Wer bleibt mir mit festen Treuen

395
Zugethan in aller Noth?

396
Du O meines Lebens Gott

397
Berg und Klippen müßen weichen

398
Welt samt allen Königreichen

399
Müßen endlich untergehn

400
Deine Wahrheit bleibt bestehn.

401
5. Und betheurt es hin und wieder

402
Daß von Deinem Volk ein jeder

403
Den Du liebst, des Kreutzes Pein

404
Unterwürfig müße seyn,

405
Und daß Du an Vater Sinnen

406
Reich seyst alle Zeit von innen

407
Ob es gleich von außen scheint

408
Du seyst unser ärgster Feind.

409
6. Jetzt laß Deinen Trost mich merken

410
Und mein krankes Herz sich stärken

411
Das der Unmuth fast ohn Rath

412
Unter seiner Herrschaft hat

413
Und weil nichts allhie zu schauen

414
Dem man sicher könnte trauen

415
Sey Du, Vater, hier und dort

416
Meine Zuflucht und mein Hort.


417
Trostliedchen
auf den Altstädtschen Rathsverwandten Friedr. Pöpping   1653

418
1. Gott unsere Zuversicht

419
Wenn Mast und Ruder bricht

420
Und unser armes Leben

421
Nur muß verloren geben

422
Kömmst Du nicht bald zu steuer

423
Zu solchem Ungeheuer

424
2. Tritt jetzt von uns nicht fern

425
Laß Deines Wortes Stern

426
Zu unserm Herzen blinken

427
Sonst möchten wir versinken

428
Nun Deines Eifers Wellen

429
Sich uns entgegen stellen

430
3. Des Waßers Uebermuth

431
Ist uns mit stoltzer Fluth

432
Schon Seelen-an gedrungen

433
Jetzt werden wir verschlungen

434
Wenn wirst Du doch erwachen

435
Du Hafen unsrer Sachen

436
4. Steh auf von Deiner Ruh

437
Schrey Wind und Wellen zu

438
Du weist das Meer zu stillen

439
Mit bloßem Wink und Willen

440
Denn alles was vorhanden

441
Ist durch Dein Wort entstanden

442
5. Nimm ja in der Gefahr

443
Nicht unsers Kleinmuths wahr

444
Der sich bey uns muß regen

445
Ach unsrer Sünden wegen

446
Denn des Gewißens Plagen

447
Erwecken Furcht und Zagen

448
6 Laß unsere Herzen rein

449
Durch Christi Blutbad seyn

450
Die Angst so er empfunden

451
Halt uns der Furcht entbunden

452
Und seines Sieges Werke

453
Seyn unsers Glaubens Stärke.

454
7. Und wahre Freudigkeit

455
Bey dieser schweren Zeit

456
Da wieder uns der Hellen

457
Gesümpf sich auf will schwellen

458
Lehr wider alles Grauen

459
Uns kindlich Dir vertrauen.

460
8. Du bist ja fort und fort

461
Israels Schutz und Hort

462
Wie Du es warst vor Zeiten

463
Und stehest jetzt von weiten?

464
Bist einem Riesen eben

465
Von dem kein Schutz zu heben.

466
Der Leichen Staub und Stank

467
Erzeigt er Dir auch Dank?

468
Wirst Du von allem Bösen

469
Uns Deine Heerd’ erlösen;

470
So sollen unsre Weisen

471
Dich ewig dafür preisen.


472
Christliches Sterbelied
auf den schwedischen General und Churbrandenburgischen

473
Cammerherrn Johann Arnd von Goldstein u seinen Sohn Gustaff Friedrich   1654

474
In die Weise des 7 Liedes
II
Theils der Arien Heinr. Alberts

475
Wie lang lieg ich hie, wie muß ich starren.

476
1. Wo will es hin mit meinem Herzen

477
Dem merklich alle Kräft’ entgehn?

478
Ich sehe nichts in diesen schmerzen

479
Als Tod und Grauen vor mir stehn:

480
Nichts ist zu hoffen, nichts zu werben

481
Beschick Dein Haus, Mensch, du must sterben.

482
2. Wo laß ich mich nach diesem Leben?

483
Der Leib gehört der Erden zu

484
Ihr sey er wieder übergeben

485
Daselbst empfind er seine Ruh

486
Wenn ihn die Würmer gleich verzehren

487
Ich kann es ihnen doch nicht wehren.

488
3. Wo wird mein arme Seele bleiben?

489
Die sieht durch eine breite Bahn

490
Die in der Höllen Abgrund treiben

491
Die böses bußelos gethan

492
Die Christo hier ergeben waren

493
Den engen Steig gen Himmel fahren.

494
4. Gott der Du anfangs meine Seele

495
Tief unter mütterlichem Schoos

496
Gesenkt in dieses Leibes Höle

497
Und machst sie jetzt auch wieder los

498
Weil wir Dich Tod und Leben sehen

499
Stets auf gerechten Händen drehen.

500
5. Vergib u laß seyn ungerochen

501
Durch Deines Sohnes Blut und Tod

502
Dies was ich hie und da verbrochen

503
Sieh meines Herzens große Noth

504
Und mein geängstetes Gewißen

505
Das Reu und Buße gantz zerrißen.

506
6. Wend ab des Satans List und Pfeile

507
Und thu ihm starken Widerstand

508
Und weil ich jetzt von hinnen eile

509
Nimm meinen Geist in Deine Hand

510
Den Christus theuer ihm erworben

511
Als er unschuldig ist gestorben.

512
7. Thust du es? ja, so komm behende

513
Komm, Tod, und kürz mir meine Pein

514
Brich an mit einem selign Ende

515
Ich will nur aufgelöset seyn

516
Wer Christo gläubig sich ergeben

517
Der stirbt und wird ihm ewig leben.


518
Christliches Sterbelied
auf Christoph Rappen Obristen Wachtmeisters p   1653

519
1. In allen Deinen Sachen   Sollst Du Dir Rechnung machen

520
Von jener letzten Noth   Die diesem armen Leben

521
Dich gute Nacht zu geben   Wird zwingen Dich der Tod.

522
2. Nichts anders ist zu werben,   Du sollst u must, Mensch, sterben

523
Umsonst ist allzumal.   Aus dieser schweren Ketten

524
Taug Dich nicht zu erretten   Der Freunde große Zahl.

525
3. Noch Deiner Diener Haufen   Sie werden all entlaufen

526
Du bleibst ohn Hülf und Rath   Drum such auf den zu schauen

527
Der wider Tod und grauen   Die stärksten Mittel hat.

528
4. Bey dem der armen Seelen   Nach dieses Leibes Hölen

529
Ohn Ende wol mag seyn   Zu dem must Du Dich kehren

530
Mit bitter heißen Zähren   Und flehen ihn allein.

531
5. Er hat Dich ihm erworben   Als er für uns gestorben

532
Ihm beichte Deine Schuld   Und bleib ihm gantz ergeben

533
Auf Sterben oder Leben   In Demuth und Gedult.

534
6. Und scheidest Du von hinnen   Du wirst das Heil gewinnen

535
Das Leben durch den Tod   Denn niemand wird verloren

536
Der diesen Trost erkoren   Voraus in Sterbensnoth.


537
Christliches Grabelied
auf Friedr. Krinzen der in der besten Blüthe seines Alters gestorben   1657.

538
In die Weise des 143 ψ im Lobwaßer zu singen.

539
1. O welcher doch den Tod für allen

540
Ihm ließe nimmermehr entfallen

541
Er ist uns gar zu sehr gemein

542
Wir müßen uns mit ihm schon stallen

543
Wie alt wie jung wir mögen seyn.

544
2. Du solst dir keine Rechnung machen

545
Von diesen oder jenen Sachen,

546
Du weißt nicht was die Satzung spricht

547
Ohn von des Todes weitem Rachen

548
Nur dieser Rechnung fehlst Du nicht.

549
3. Such, Jüngling, in den zarten Jahren

550
Der edlen Tugend nachzufahren

551
Verlaß die Eltern und Dein Haus

552
Schmück Dein Gemüthe mit den Waaren

553
Der Künst und Sprachen löblich aus.

554
4. Und kömst Du dann nach Hause wieder

555
Der Deinen Trost, so leg Dich nieder

556
Erwürget durch des Todes Macht

557
Betrüb die Mutter, Schwestern, Brüder

558
Und gieb uns allen gute Nacht.

559
5. Was schwebet der stets auf den Wellen

560
Dem schnöden Reichtum nachzustellen

561
Der folgt dem Läger fort und fort

562
Und suchet seinen Feind zu fällen

563
Ihn selbst fällt bald der Satzung Mord.

564
6. Wol dem der stets gedenkt zu sterben

565
Sucht Gottes Gnade zu erwerben

566
Und zeucht von Sünd und Bosheit weit

567
Der wird durch keinen Tod verderben

568
Er stirbt und lebt in Ewigkeit.

569
7. Herr Jesu führ durch Deine Güte

570
Den Tod uns allzeit zu Gemüthe

571
Damit wir klug seyn immerdar

572
Wer also stirbt, auch in der Blüthe

573
Der fährt dahin im grauen Haar.


574
Herzliches Bet- und Danklied
wegen der neuerbauten Sackheimschen Kirche unter

575
der Person des M. Neuschilling’s Dieners am am Göttl. Worte daselbst, welcher sich um

576
diese neue Kirche der er sich mit großer Sorgfalt angenommen höchst verdient

577
gemacht. Den 22
Aug.
1649.  
NB.
Aus
einer blaßen
Copie.

578
1. Wir armen Leute meynen

579
Das Haus dem Gott sich traut

580
Besteh aus Holtz und Steinen

581
Durch Menschen Hand gebaut.

582
Es werd es der beziehen

583
Des Haus sind Licht und Flammen!

584
Die Himmel allzusammen

585
Sind viel zu klein für ihn.

586
2. Ein Hertz das sich von Sünden

587
Gesäubert jederzeit

588
Das Glaub und Lieb entzünden

589
In Zucht und Frömmigkeit

590
Ist seine liebste Ruh

591
Hier will er einig schweben

592
Hie sagt Er Heyl und Leben

593
Und allen Seegen zu.

594
3.Wahr ist es Herr, es faßen

595
Dich alle Himmel nicht

596
Ein Hertz so Dir gelaßen

597
Und seinen Willen bricht

598
Ist Dein Gemach allein

599
Laß aber Dich gewinnen

600
Die Einfalt unserer Sinnen

601
Dir wolgefällig seyn.

602
4. Wir haben Deinem Namen

603
Der über alles geht

604
Für uns und unsern Saamen

605
Dies Gottes Haus erhöht

606
Damit Dein großer Ruhm

607
Allhie gepredigt werde

608
Daß Himmel, See und Erde

609
Sey Herr Dein Eigenthum.

610
5. Hie wird man fleißig merken

611
Die seelige Himmelsbahn

612
Hie singen von den Werken

613
Die Du bey uns gethan

614
Hie wegen seiner Schuld

615
s
Sich kränken im Gemüthe

616
Und flehen Deiner Güte

617
Um Langmuth und Gedult.

618
6. Du hast uns Ruh verliehen

619
Von Kriegen und Beschwer

620
Drum sind wir so gediehen

621
Und werden dieses Heer.

622
Die vor unfruchtbar war

623
Ist Mutter nun erkohren

624
Und hat erfreut gebohren

625
Dir diese große Schaar.

626
7. Wie aus dem Morgenglanze

627
Der kühle Feldthau rührt

628
So häufig wird die Pflanze

629
Der Kinder auch gespührt

630
Das Land versorget kaum

631
So eine große Menge

632
Man schreyet für Gedränge

633
Nach einem weitern Raum.

634
8. Den Hast Du aus uns Gnaden

635
An diesem Ort ertheilt

636
Uns großer Angst entladen

637
Die oft uns übereilt.

638
Gedenke der schweren Last

639
Der Noth so wir erlitten

640
Da Du für uns gestritten

641
Für uns gehadert hast.

642
9. Wollt hie sich etwas sperren

643
Du hast ihn stark gewehrt

644
Des Fürsten und der Herren

645
Gemüth uns zugekehrt

646
Wir waren gantz verzagt

647
Du halfst uns in dem Werke

648
Als wir auf Deine Stärke

649
Es freudig hingewagt.

650
10. Nun steht das Haus erbauet

651
Ohn alle Pracht und Schein

652
Schlecht dürftig und vertrauet

653
Doch Deiner Hut allein

654
Schlägst Du es nur nicht aus

655
Trägst Du nur her Verlangen

656
So wird es können prangen

657
Als Salomonis Haus.

658
11. Dies ist warum wir flehen

659
Du wollest immerdar

660
Zu dieser Stäte sehen

661
Sie schützen für Gefahr

662
Erwehl o Vater Dir

663
Sie ewig Deinen Ehren

664
Laß sie sich stündlich mehren

665
An heilig hoher Zier

666
NB.
Ich weiß nicht ob hier die Zahlen

667
verschrieben oder ein Vers ausgelaßen

668
13. Dies ist warum wir flehen
Deinen Dienst hie treiben

669
Du wollest immerdar
Denselben gieb Verstand

670
Zu dieser Stäte sehen
Daß sie am Worte bleiben

671
Und haßen Menschentand, Auch dir ohn Heucheley

672
Mit Lehr und Leben dienen Daß keiner unter ihnen

673
Ein blinder Leiter sey.

674
14.Warum man hier wird beten Was uns betrüben kann

675
Darum wir vor Dich treten In diesem sieh uns an

676
Laß unsre Bitte vor Uns ihrer zu gewähren

677
Und niemals wollst Du kehren Von uns Dein Vaterohr.

678
15. Wenn Mißethat uns kränket Krieg Theurung, böse Lust

679
Uns zu verwüsten denket Und man hie zu Dir ruft

680
Dir seine Schuld bekennt So sey o Herr! uns gnädig

681
Und mach uns deßen ledig Warum Dein Eifer brennt.

682
16. Erhör uns Gott wir wißen Von 1000 Ochsen Blut

683
Vor Dir nicht zu vergießen Nimm unser Herz vor gut

684
Ein Sinn der Andacht hält Ist mehr bey dir geachtet

685
Als würden abgeschlachtet Die Heerden aller Welt.

686
17. Und hast Du Dein Behagen An Opferblut und Noth

687
So bringen wir getragen, Selbst Deines Sohnes Tod

688
Den unsre Sünd erwürgt Dich wider uns zu stillen

689
Er hat auch Selbst mit Willen Uns also loß gebürgt.

690
18. Von deßen Blut und Schmerzen

691
Fließ allzeit dieses Haus

692
Für allen unsere Herzen

693
Und säubere so Dir aus

694
Und kehr bey ihnen ein Dann wird es uns gelingen

695
Wenn wir vor allen Dingen Dein reiner Tempel seyn.


S. 475
Auf der letzten Seite der Beilage:

11
Die andere Ausgabe ist von 696. Anstatt der
Dedication
im Namen der

12
Wittwe, (welche 685 gestorben) ist eine Vorrede des Herausgebers, den

13
ich zu kennen wünschte der außer
diesen
Theil der
poetischen Werke

14
welche er
heroische
nennt, weil sie mehrentheils hohen Häuptern

15
gewiedmet sind,
Dachens ausführliche Lebensbeschreibung
bey

16
Ausfertigung seiner Oden
verspricht. Format und gantze

17
Einrichtung trift zum Th. mit der überschickten alten Ausgabe von 1681

18
überein. Der Titel aber lautet:
Sim. Dachen weyl. p poetische Werke

19
bestehend in Heroischen Gedichten denen beygefügt 2

20
seiner verfertigten poetischen Schauspiele. Anjetzo auf

21
vielfältiges Verlangen in Druck gegeben
. Der Zuwachs fängt

22
sich just mit einem neuen Alphabet an u beträgt 9½
Bogen
,
2½ besteht

23
aus dem Drama
Cleomedes
und dem
Entwurf der Sorbuisa

24
welches
beym
academischen Jubelfeste 644
praesenti
rt worden und vier

25
starke
Gelegenheitsgedichte; zwey im Namen der Sackheimschen

26
Gemeine wegen ihrer neuen Kirche. In dem einen ist die schöne Stelle auf

27
Gott:

28
Ihn kennen ist Verstand, Ihn fürchten Sicherheit

29
Ihm völlig dienstbar seyn die höchste
Herrlich
k
eit

30
die nach dem Tod auch wehrt –

31
Er ist der Dinge Kraft, Art, Wesen und Gestalt

32
Ihr’ Anmuth, Lust und Zier, Bestand und Aufenthalt.

33
Kreutzfeld
hat einen gantzen Stoß von
Carminibus
geschenkt bekommen

34
worunder die meisten Leichengedichte, einige Hochzeit-Glückwünsche.

S. 476
Aus diesem hab ich die 11 Stück herausgesucht; weil selbige ausdrückl.

2
den Titel von Liedern führen. Das 12 ist aus einer bloßen Abschrift

3
genommen die nicht zu
correct
war. Der schwärmerische Kopf Bartsch

4
hier hat
dem Gottscheden alle
Opera
Vid. 3. Acta Borussica
zur

5
Ausgabe überschickt. Ich sollte auch meynen, daß alles auf der

6
Altstädtschen Bibliothek
auch da seyn müste u bey Bartschens Erben

7
vielleicht noch Familienstücke liegen.

Provenienz

Staatsbibliothek zu Berlin, Ms. Germ. quart. 1304, 166–168.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VI 59–73.

ZH IV 50 f., Nr. 545.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
51/35
Fischerrätzel
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Fischer-Rätsel
52/18
drückte
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
drückt
53/3
Wirthschaft
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Wirtschaft
53/5
u
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u
53/9
beym
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
beim
53/10
entgegen. –
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
entgegen –
53/23
läst
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
läßt
53/26
Comm.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Com.
54/1
ist
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ist,
54/8
Lenden
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Lenden.
54/24
haben
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
haben,
55/35
ersucht)
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
ersucht),
56/9
Kalnein
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Kalnein
56/14
sorgen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sorgen,
56/15
–16
Hochzeit Glückwunsch- […] Hochzeit Glückwunsch-]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Hochzeit-Glückwunsch-
56/37
Hebraische
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Hebräische
57/5
Haus
,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Haus
57/8
Regt
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
regt
57/18
d
ies
er
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
der
57/27
gewesen –
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
gewesen. –
57/34
εργα
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
εργα
. –
57/37
αφ’ ων
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
αφ ων
58/16
sey.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
sey,
58/26
Oberhofprediger,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Oberhofprediger gewesen,
58/27
gekommen daß
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
gekommen
ohne
daß
58/33
deshalb
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
deshalben
58/33
nicht –
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
nicht. –
59/3
Bondeli,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Bondeli
59/6
u.
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
u
59/8
vortheilhaft
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
vorteilhaft
59/15
ArchiHypochondristen […] ArchiHypochondristen]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Archi-Hypochondristen
59/19
machen,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
machen
,
475/13
diesen
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
diesem
475/15
bey
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
bei
475/22
Bogen
,
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Bogen,
475/24
beym
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
beim
475/25
starke
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
lockre
475/29
Herrlich
k
eit
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Herrlichkeit
475/33
Kreutzfeld
]
Geändert nach der Handschrift; ZH:
Kreuzfeld